Initiatorische Männerarbeit

„Einst war ich ein Junge und dachte wie ein Junge, jetzt bin ich ein Mann und lebe als Mann“ (1 Kor 13)

Kirchliche Männerarbeit versteht sich als Erfahrungs- und Lernort für Männer. Auf ihrem Lebensweg erfahren sich Männer als Lernende und stellen sich einem Prozess, in dem sie ihre Persönlichkeit weiterentwickeln. Sie fühlen sich von den Fragen herausgefordert: Woher komme ich? Wer bin ich? Wohin gehe ich? Diese Fragen sind untrennbar mit der Frage nach der eigenen geschlechtlichen Identität verknüpft. Unsicherheiten, mangelnde Vorbilder, abwesende Väter, toxische Männlichkeiten und Misandrie machten und machen die Suche nach einem gelingenden Mannsein zur Herausforderung. Kirchliche Männerarbeit sorgt sich um Räume (safe spaces), in denen Männer Freundschaft, Gemeinschaft, Glaube, Stärkung und Segen erfahren können. Sie scheut nicht den Zugang zur Gefühlswelt und schafft eine vertrauensvolle Atmosphäre, in der das aufrichtige Teilen von Lebenserfahrungen – bewusst auch von Verletzungen und Scheitern – tatsächlich stattfinden kann. In Stille, Meditation, Ritualen, Gesprächen, Gebet und Gottesdiensten an kraftvollen sakralen und naturalen Orten finden Männer ihren je eigenen bewussten Weg für dieses Leben, Brüderlichkeit, eine geerdete Spiritualität und nicht selten die Begegnung mit Gott. Dieser Weg ist ein ganzheitlicher. Geist, Körper und Seele dürfen sich entfalten. Körperarbeit, Tanz, Musik und Natur wirken heilsam und befreien von Denkzwängen vielfältiger Struktur. Eine Anderswelt zur 24- Stunden Leistungsgesellschaft mit Technostress wird erfahrbar. In Ritualen verdichten sich Erfahrungen von psychologischen Grundbedürfnissen wie Angenommen-sein, Zugehörigkeit, Freiheit und Wertschätzung. Diese Erfahrungen ermutigen Männer, selbst zu Liebenden und Sorgenden in ihrem Umfeld und in der Gesellschaft zu werden. Die Männerarbeit der Erzdiözese Freiburg bietet hierzu jährlich die Initiationswoche „Mut und Kraft“, und alle zwei Jahre eine „Visionssuche nach Schweden“, den Jahreskurs „Zentriert und verbunden“, ein Väter-Söhne Wochenende „Das innere Feuer weitergeben“ und weitere initiatorische Angebote an. Im Prozess dieser Initiation beschreiben Männer einen klaren Unterschied von Vorher und Nachher und zugleich bleibt der initatorische Weg ein lebenslanger Prozess. Ein initiierter Mann lebt in die geheimnisvollen Worte Paulus hinein: „Denn wenn ich schwach bin, dann bin ich stark“ (2 Kor 12,10b)

Michael Rodiger-Leupolz

15.10.2021